Der Golem


Schlomo hatte ein wenig Zeit für sich. Me-time. Es war sonnig, aber nicht heiß, und er beschloss an seiner Übersetzung des Voynich-Manuskripts weiterzuarbeiten. Er suchte sich ein schattiges Plätzchen im Garten. Das Voynich-Manuskript war in einer alten hebräisch-ptolemäischen Jugend-Sprache geschrieben. ‚Digga‘ wurde mit ‚אחי‘ übersetzt, was nicht ganz treffend war. Genauso war ‚Mama-Digga‘ eine offensichtliche Fehlübersetzung mit ‚אמא דיגה‘. Nichtsdestotrotz machte ihm das Übersetzen Spaß. Er hielt seine grauen Zellen damit aktiv.
Schlomo dachte noch häufig an den Golem. Das traurige Bild eines Häufchen Lehms in einer Prager Krypta.
„I want to live”, klang es in seinen Ohren. Oder vermischte er gerade unabhängige Geschichten? ‚Golem’ und ‚Frankensteins Sohn im Monsterlabor‘? Der Golem wollte nicht leben, im Gegensatz zu Frankensteins Sohn.
Sein Kumpel ‚Rabbi Judah Löw‘ aus Prag fing immer wieder damit an.
„Schlomo, komm‘, lass uns ˋnen Golem machen, hihi. Der kann dann für uns arbeiten!“
„Wie stellst du dir das vor, Judah? Der Golem soll meinen Patienten zuhören? Und vertrauensvoll ‚Kopf hoch‘ sagen?“
„Zum Bleistift, hihi“
Judah liebte diese Wortspiele der 80iger, die damals schon Panne waren.
„Wenn wir das gefickt einschädeln, sollte es kühl sein, hihi. Checkung?“, sagte Judah.
Ohne Worte.
Eben war Schlomo noch gemütlich im Garten beim Voynich-Manuskript schmökern und plötzlich ist die Rede vom Golem? Wo kommt Rabbi Löw auf einmal her? Whatever. No questions asked. It’s a secret.


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